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Peter
Pollaert

Das druckgrafische Bild durchläuft bei seiner Entstehung verschiedene Arbeitsprozesse in wechselnden Aktions- und Reaktionsphasen. Eine starke, energisch geritzte Linie und dichte Strichbündelungen etwa bei der Kaltnadeltechnik, Tonstufungen in der Fläche bei der Aquatintaätzung, der verspielte, weiche, dann scharf werdende Strich der Vernis mou, der kühle, gestochene Graben beim Kupferstich, zeigen die Vielfalt des künstlerischen Tiefdrucks. Das Herausarbeiten von bildnerischen Formen durch das Setzen und Umschneiden von druckenden Flächen, die Erarbeitung präziser Linien als druckende Stege, ist die Herausforderung beim Holzschnitt, dem künstlerischen Hochdruck.

Im direkten Umgang mit der Radierplatte oder dem Holzstock wird konkret Beobachtetes ebenso wie Fiktionales in individueller Handschrift sichtbar. Vom Realen abstrahiert ergeben sich neue Bildräume, Ambivalenzen finden sich. Filigrane Strukturen stehen neben dichten Formgefügen, scharfe, tiefschwarze Linien neben lauten, signalhaften Farben. Figürliches mischt sich mit abstrakten Kompositionen. Dopplung, Reihung und Überlagerung der Motive schaffen ebenso neue Verbindungen wie Transparenz oder klare Trennung einzelner Ebenen.

Die expressive Sprache der Druckgrafik entwickelt sich auch über das Experiment. Bei der Monotypie entstehen druckgrafische Unikate. Die Photogravüre und das Handkolorieren von Drucken pendeln zwischen der Erwartung, der Eigengesetzmäßigkeit des Verfahrens und dem künstlerischen Umgang mit dem Unerwarteten.

Jedes Material, welches zu einer Druckplatte, zu einem Druckstock werden soll, widersetzt sich auf eine ihm eigene charakteristische Weise der Bearbeitung. Der Wille etwas auszudrücken, etwas darstellen zu wollen, Position zu beziehen, ist das Grundlegende.
Verbunden mit Geduld wird der Widerstand mittels einer bestimmten Technik gebrochen, das Material in Besitz genommen, zum Sprechen gebracht. Hier liegt ein spezieller Reiz der Druckgrafik.

Peter Pollaert